„Jetz woll…“

Das ist Jakob‘s neuer Lieblingsspruch, den er sich von den Südtiroler Großeltern abgehört hat und der so gut passt auf unsere aktuelle Situation. Ein „Jetzt aber!“ aus vollem Herzen, zu den Abenteuern, die vor uns liegen. Zu dem, was wir in Gesprächen mit Familie und Freunden manchmal als „Auszeit“ vom Alltag bezeichnet haben.

Doch die Bezeichung trifft es für uns nicht, ganz im Gegenteil. Die Zeit, die vor uns liegt, ist keine "Auszeit", sondern der Alltag, auf den wir seit Monaten hingearbeitet haben. Der Alltag, den wir uns in dieser Phase unseres Lebens wünschen. Die Gelegenheit, unserem Sohn einen Teil dieser wunderschönen Welt zu zeigen. Mit ihm zusammen selbst wieder zu Entdeckern zu werden. Mit unbändiger Neugierde die großen, vor allem aber kleinen Wunder des Alltags zu suchen. Pures, langsames Leben, bei dem wir uns auf das Wesentliche besinnen.

Anstatt childcare drop offs, hektischen Abendessen und heiß ersehnten Wochenende wollen wir unsere Tage füllen mit Dingen, die völlig unwichtig und gerade deshalb so wichtig sind:

Käfer beim Krabbeln beobachten. Fliegen jagen. Sandburgen und Murmelbahnen bauen. Blumen pflücken. Im Schatten liegen. Vor Sturmwolken davonlaufen. Am Lagerfeuer Würstchen grillen. Kängurus beim Grasen zuschauen. In den Eukalyptusbäumen nach Koalas suchen. Von weißen Sandstrände geblendet werden. In Wasser tauchen, dessen Farbe man nicht fassen kann. Fische füttern. Der einzigen, schnurgeraden, holprigen Strasse durch unberührte Natur folgen. Termitenhügel zählen. In unserem Campervan unter dem Sternenhimmel schlafen. Die Milchstraße sehen. Den örtlichen Spielplatz ausfindig machen. Mit kleinen Spielautos eine imaginäre Strasse aus Treibholz entlang rasen. In jedes Schwimmbad springen. Am Straßenrand stehen bleiben, um in‘s Töpfchen zu machen. Endlich immer barfuß sein. Den ganzen Tag im Badeanzug verbringen. Das Salz vom Meer auf der Haut trocknen spüren. Sonnenverbrannte, glückliche Gesichter. Einfaches Abendessen in der Natur. Lange Gute-Nacht-Geschichten erfinden, in denen mindestens ein Zug und ein Koala vorkommen. Und in unbeholfenen Kinderworten Gute-Nacht-Geschichten erzählt bekommen, die von all diesen Highlights handeln.

Die letzten zwei Jahre sind wohl an keinem spurlos vorüber gegangen. Jede und jeder hat in der ein oder anderen Form an Covid und dem, was die Pandemie mit sich gebracht hat, gelitten. Während Australien relativ lange eine Insel der Seligkeit war - wenige bis gar keine Fälle, nur geringe Einschränkungen im Alltag - hat es sich für uns immer mehr nach einem goldenen Käfig angefühlt. Die strikten Grenzschließungen haben es uns unmöglich gemacht, den Kontinent zu verlassen. Vom ersehnten Besuch unserer Lieben ganz zu schweigen. Die Isolation war umso spürbarer, weil wir keinen der Meilensteine unseres Kindes, keinen der Glücksmomente teilen konnten, die das Aufwachsen-Sehen eines kleinen Menschen mit sich bringt. Und umgekehrt auch nach schlaflosen Nächten, an besonders herausfordernden Tagen, während Koliken und Geschrei keine Unterstützung hatten. Sicher hätten wir Familie und Freunde auch so vermisst, Jakob hat die Sehnsucht aber um ein vielfaches multipliziert. Doch jeder Herausfoderung wohnt auch eine Chance inne. Uns hat Covid vor Augen geführt, wie wertvoll das Leben ist. Wie wichtig es ist, auf die innere Stimme zu hören und Träume jetzt zu leben, anstatt sie immer wieder auf die lange Bank zu schieben. Covid hat uns gelehrt, unsere Freiheit nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Sondern viel mehr nach dem Motto zu leben, das uns Jakob jeden Tag mit einem breiten Grinsen in Erinnerung ruft: "Jetz woll!"

Buschbad: Wenn der Staub vom Kind muss
Wer braucht schon trockene Turnschuhe?!
Robbe und Kind waren beide ziemlich unbeeindruckt
"Schau dort, Papa!"
Murmelbahnen und Sandburgen unterhalten alle Altersgruppen
"Woaaah, Känguru!"
So ein Mittagsschlaferl ist fein
Wir haben wilde Koalas entdeckt!
Zeit für die Gute-Nacht-Geschichte
Leuchttürme und "cotton tail" Gräser zählen
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