Die älteste Kunstgalerie Australiens - Im Kakadu Nationalpark

Auf Tuchfühlung gehen mit Krokodilen in der Crocosaurus Cove, hunderte Riesenfische füttern im Aquascene, die international gefeierte interaktive Ausstellung im Kriegsmuseum anschauen: Das sind nur einige der Attraktionen Darwins, die uns von anderen Reisenden empfohlen wurden. Und was machen wir? Wir gehen gemütlich frühstücken im Botanischen Garten, essen Eis am Kinderspielplatz an der Waterfront und kaufen Souvenirs für Familie und Freunde.

Unser Besuch in Darwin fällt kürzer aus als ursprünglich geplant und irgendwie scheint es so genau richtig. Wir lassen die Tage langsam angehen, verbringen viel Zeit im klimatisierten Zimmer und kühlen uns im Hotelpool ab. Darwin war von vornherein geplant als „Zeit zum Auftanken“, das Zimmer schon vor Wochen gebucht. Nach dem doch sehr „einfachen“ Leben in der Natur und den schlaflosen Nächten im heißen Camper wollten wir uns etwas Luxus gönnen. In der Hauptstadt des Northern Territory scheint das Leben zu pulsieren, wenigstens am Abend, wenn sich die Hitze des Tages legt. An der Waterfront, einem künstlich angelegten Badestrand, der von einer Reihe Restaurants gesäumt wird, tummeln sich abends Familien, Pärchen, Senioren. Darwin ist erstaunlich multikulturell und dank der Nähe zu Südostasien ist die Stadt inoffizielle Laksa-Hauptstadt Australiens (für alle, die diese berühmte Nudelsuppe auf Kokosmilchbasis nicht kennen - es handelt sich dabei um einen absoluten Gaumenschmaus!). Außerdem ist Darwin bekannt für den hohen Prozentsatz von Aboriginal-Einwohnern.

Das Northern Territory, der fünfte Staat auf unserer Reise
Die riesigen Termitenhügel im Litchfield National Park passen nicht mal in's Bild...
Schwimmen lernen in den klaren Gewässern der australischen National Parks
Köstliche Laksa wärmt den Magen und das Herz

Und hier stoßen wir auch wieder auf ein Dilemma, das im öffentlichen Diskurs viel und doch viel zu wenig diskutiert wird: Während die Aboriginal-Kultur in Kunstgalerien gefeiert wird, schaut die Realität auf der Straße oftmals leider ganz anders aus - vor allem in den ärmeren Städten und Regionen des Landes. Denn Australien hat leider versagt, wenn es um die Anerkennung und tatsächliche Gleichstellung seiner Ureinwohner geht. Das politische System hat Aboriginals bis vor wenigen Jahrzehnten als Menschen zweiter Klasse abgeschrieben, bis in die 1970er Jahre (!) wurden hunderte, tausende Aboriginal-Kinder aus ihren Familien und Communities entfernt und in staatlichen Waisenhäusern untergebracht. Rassismus ist auch heute allgegenwärtig - und leider oft nicht ganz unbegründet. Es ist schwer, in Worte zu fassen, was hier falsch gelaufen ist. Aber es ist unverkennbar, dass die Dreamtime, die Werte und Weltanschauungen der Aboriginal, nicht vereinbar sind mit dem Wertekanon, den „moderne“ kapitalistischer Staaten vertreten. Hier steht das „Wir“ gegen das „Ich“. Das „Heute (über)leben“ gegen das „An Morgen Denken“. Das „Nehmen was man braucht“ gegen das „Besitz anhäufen“. Wo diese gegensätzlichen Weltanschauungen aufeinanderprallen, ist Konflikt vorprogrammiert. Es macht Sinn, dass viele Aboriginal-Communities streng abgeriegelt sind, um jeglichen Einfluss von außen zu minimieren. Denn dort, wo Aboriginals mit den Annehmlichkeiten der modernen Welt konfrontiert werden ohne die gleichen Chancen zu erhalten wie ihre weißen Landsleute, geht allzu oft Kultur - und damit Identität - verloren. Alkohol und Drogen sind ein Riesenproblem, ebenso wie häusliche Gewalt. Natürlich gibt es, gerade in Großstädten wie Sydney, viele junge Aboriginals, die eine gute Ausbildung genossen haben und in ihrem Job erfolgreich sind. In ländlicheren Gebieten scheint die Situation ungleich komplexer und ungerechter - und in Darwin wird es allzu deutlich, dass Australien noch weit von einem erfolgreichen Zusammenleben der „alten“ und der „neuen“ australischen Kultur entfernt ist.

Die drei offiziellen Flaggen Australiens: Die Torres Strait Islander Flagge, die Aboriginal Flagge und die australische Nationalflagge

Doch zurück zu dem, was uns leichter von der Hand geht als unqualifizierte Gesellschaftsanalysen… Ach zwei Tagen „Auszeit“ führt uns unsere Reise weiter in den Kakadu National Park, den zweitgrößten und unter Reisenden wohl bekanntesten Nationalpark Australiens. Die Natur hier ist umwerfend: Wasserfälle und Wetlands, Regenwald und endlos weite Grasflächen bieten etwas für jeden Geschmack. Der Park ist aber vor allem auch wegen seiner kulturellen Schätze einmalig. Wir wandern an uralten Felszeichnungen vorbei auf den Ubirr Lookout. Während Jakob weit mehr an den Markierungen interessiert ist („Punkt abklatschen!“, das beste und effektivste Spiel, ihn zum Weitergehen zu motivieren!), bewundern wir die einfachen und doch so faszinierenden Motive, die mit Ockerfarben auf die Felsen gemalt sind. Vor vielen hundert, tausend Jahren haben die Aboriginals hier festgehalten, was das Leben im Kakadu National Park ausmachte: Vor allem Fische, Kängurus und andere (essbare) Fauna, aber auch Legenden aus der Dreamtime. Im wunderbaren Visitor Centre in Jabiru lernen wir mehr über die Kultur der Mobs, die hier ansässig sind - was für ein Gegensatz zu den Aboriginals, die in den Städten und Dörfern des Northern Territory nach ihrer Identität suchen.

Happy Family
Ein kleines Rasterle auf dem Weg nach ganz oben
Was für ein Ausblick vom wunderbaren Ubirr Lookout
Die Ebene steht in der Regensaison unter Wasser
Kunstgalerie im Freien - hier finden sich Malereien, die mehrere hundert/tausend Jahre alt sind
Stefan studiert die Darstellung der Jäger
Auf dem Speiseplan steht unter anderem...
...Fisch! Genauer gesagt: Barramundi, ein köstlicher Raubfisch.

Eine Bootstour in Yellow Waters ist weniger entspannt als erhofft (Jakob kommt nicht allzu gut mit dem langen Sitzen auf engem Raum zurecht), aber als die Sonne hinter einem Seerosenfeld untergeht und der Himmel sich pink-violett färbt, zahlen sich das viele Geschichten-Erzählen und die Spiele zur Ablenkung aus. Wir sichten eines der berühmt-berüchtigten Salzwasserkrokodile (wenn auch nur für wenige Sekunden) und schauen zwei Brolgas beim Tanzen zu.

An der Oberfläche sind die Yellow Waters ruhig - aber unter Wasser tummeln sich hungrige Salzwasser-Krokodile
Sonnenuntergang hinter'm Seerosenfeld
Ein Paradies für tausende Wasservögel

Der Kakadu National Park hat sich seinen Ruf als einer der spektakulärsten Nationalparks definitiv verdient. Keine Ahnung, ob wir langsam abstumpfen oder ob die dank Moskitos und unglaublicher Hitze schlaflosen Nächte schuld sind - wir freuen uns dann doch schon sehr auf unseren nächsten Stopp in Katherine.

Danke für eine wunderschöne Zeit!
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