Ein überraschendes Finale in Alice Springs und dem Red Centre

Rot leuchten die MacDonnell Ranges, als wir am späten Nachmittag beim Ortsschild von Alice Springs stehen bleiben, um ein Foto zu machen. Wir sind angekommen im Roten Herzen Australiens, doch anstatt einer staubigen Hauptstraße und ein paar durchschnittlichen Burgerläden erwarten uns in Alice Springs eine wunderschöne und erstaunlich grüne Landschaft, nette Cafés und tolle Tierparks.

Die Stadt ist weit größer als wir gedacht haben und bietet etwas für Papa (eine Brauerei mit netten kleinen Gastgarten und einen weitläufigen Zoo am Fuße der Range), Mama (tolle Kunstgalerien, guten Kaffee und herrliche Natur) und Sohn (einen Reptilienpark mit Schlangen-Streichel-Gelegenheit und das vielleicht kinderfreundlichste Café Australiens). Ganze vier Tage verbringen wir hier, erkunden mit unseren Rädern die Umgebung und genießen die kühlen Nächte und angenehm warmen Tage.

Das kreative Ortsschild von Alice Springs ist eine Hommage an die umliegenden Ranges
Auf dem Weg nach Alice Springs machen wir Stopp bei den Devil's Marbles (Murmeln des Teufels)
Den Aboriginals ist dieses Land heilig - der Legende nach handelt es sich bei den runden Felsen um die Eier der Regenbogenschlange, die für die Schöpfung des Kontinents verantwortlich ist
Ob natürlichen oder überirdischen Ursprungs: hier handelt es sich jedenfalls um einen absoluten Kraftplatz
Am Campingplatz in Alice Springs werden erst einmal die Ringneck Parrots gefüttert
"Wow!" - ein Bearded Dragon auf Papas Hut!
Jakob zeigt keinerlei Scheu vor Reptilien. Im Reptilienpark ist das okay, im Nationalpark eher beunruhigend...
Der weitläufige Zoo liegt am Fuß der MacDonnell Ranges
Während Stefan das Tasting Paddle genießt, kühlen Jakob und ich uns unter den Wasserzerstäubern ab, die in der Brauerei für erfrischenden Nebel sorgen
Der "Airplane Graveyard" von Alice Springs: Aufgrund des idealen trockenen Klimas wurden hier während Covid hunderte Flieger gelagert, die größtenteils immer noch hier "parken"

Dann ruft auch schon wieder das Abenteuer und wir düsen mit Höchstgeschwindigkeit den letzten fünf Tagen unserer Reise und den atemberaubenden Schluchten des Kings Canyon entgegen - bis sich der Camper plötzlich nicht mehr lenken lässt… Stefan steigt auf die Bremse und setzt volle Muskelkraft ein, um das Lenkrad zu bewegen. Zum Glück sind die Straßen im Outback nicht gerade kurvenreich und wir beschließen, die 70 Kilometer bis zur Kings Creek Station weiterzufahren. Uns bleibt auch nicht viel anderes übrig, es gibt ja nicht einmal Handyempfang, da wo wir sind. An der Station angekommen kraxelt Stefan unter's Auto. Zum Glück sind die Temperaturen im Landesinneren deutlich kühler als an der Küste und auch die lästigen Fliegen bleiben hier aus. Dann die Diagnose: Der Serpentinengürtel ist gerissen - das bedeutet für uns vorerst einmal Stopp.

Stefans Funktionen bei dieser Reise sind vielfältig: bester Papa und Mann, Organisator, Kinderträger, Langstreckenfahrer, Schwimmlehrer... und jetzt auch Mechaniker
Diese Echse scheint außergewöhnlich interessiert an unseren Reparaturversuchen...

Nach vier Stunden am Telefon und einigen Gesprächen mit dem nationalen Autoclub NRMA dann die erlösende Nachricht: Morgen kommt der nächste verfügbare Abschleppwagen, der Happy trotz langem Wochenende in die nächste Werkstatt in's 270 Kilometer entfernte Yulara bringen wird. Die Abschleppkosten von über 3.900 Dollar übernimmt die Versicherung. Jetzt bleibt nur noch zu klären, wie Jakob und ich nach Yulara kommen sollen, denn der Abschleppwagen darf keine Kinder mitnehmen und ist nur auf zwei erwachsene Passagiere zugelassen. Die Rettung kommt in Form des freundlichen und hilfsbereiten Personals der Station. Ungefähr zwei Mal im Monat fährt ein Angestellter nach Yulara und wie der Zufall es will, muss morgen eine neue Mitarbeiterin vom dortigen regionalen Flughafen abgeholt werden. Und so landen wir schlussendlich doch wie geplant in Yulara, dem Ausgangspunkt für alle Ausflüge zum Uluṟu. Der Campervan muss allerdings über's lange Wochenende in die Werkstatt. Wir räumen das Auto fast komplett aus, nur unsere Mountainbikes können wir leider aufgrund des eingeschränkten Zugriffs nicht abmontieren.

540 Kilometer legt dieser Abschleppwagen insgesamt zurück, um uns zu "retten"

Den Nachmittag verbringe ich am Telefon. Gemeinsam mit der Versicherung organisiere ich Unterkunft (die Optionen hier sind eingeschränkt, das letzte verfügbare Zimmer im Ayers Rock Resort kostet 650 Dollar pro Nacht) und Transport (ein Hop-on Hop-off Bus bringt uns für 320 Dollar so oft wir wollen zum Uluṟu und einmal zu den Kata Tjutas). Die 19 Dollar Prämie, die wir seit Jänner für “Roadside Assistance, remote areas included” bezahlt haben, haben sich mehr als bewährt…

Jakob ist jedenfalls begeistert von unserer "Luxusunterkunft"
Es ist bei unserer Ankunft in Yulara zwar bewölkt, doch der Blick auf den Uluṟu ist dennoch atemberaubend

Am nächsten Morgen werde ich von einem gut gelaunten “Happy Birthday” aus den luxuriösen Federn geworfen. Das Ständchen ist gelungen und das reichhaltige Frühstück im Hotelrestaurant köstlich. Wir essen uns durch Eier, Müslis, Früchteteller, Croissants und frisch gebackenes Brot, denn das Tagesprogramm verlangt nach Energie.

Heute steht endlich die Radumrundung des Uluṟu auf dem Programm, auf die wir uns seit Monaten gefreut haben - und damit verspricht dieser Geburtstag zu meinem bisher besten zu werden! Dass wir uns dafür Räder ausleihen müssen, weil unsere geliebten Bikes sich mit Happy die Zeit in der Werkstatt vertreiben, ist nur ein kleiner Wermutstropfen.

Auf geht's! Die langersehnte Radumrundung des Uluṟu kann beginnen
Den Weg säumen tausende weiße Blumen - der schönste Geburtstags-Strauß!

Die Mieträder stellen sich als wackelige Gefährte heraus, die mit Rücktrittsbremse und dünnen Reifen so gar nicht geeignet scheinen für den sandigen Wüstenboden. Macht nichts, wir treten los, bestaunen den großen roten Felsen, der zu Recht Wahrzeichen Australiens ist - und bleiben plötzlich im Sand stecken. Im Zeitlupentempo kippt mein Rad auf die Seite, ich steige instinktiv ab und setze mich mit voller Wucht auf den Fahrradrahmen. Als Jakob und ich auf dem Boden aufkommen, ist mir sofort klar, dass dieser Sturz nicht folgenlos bleiben wird.

Jakob ist unverletzt, aber mir fehlen vor Schmerz die Worte - eine schwangere Leiste und die Kollision mit einem Fahrradrahmen vertragen sich schlecht. Zum Glück befindet sich nur wenige hundert Meter entfernt eines der vier Notruf-Telefone am Uluṟu. Wenige Minuten später stehen zwei Rangers neben mir, die mit Stefan die nächsten Schritte beraten. Schließlich werde ich im Krankenwagen nach Yulara zurückgefahren, Stefan und Jakob folgen im Auto des Nationalpark-Chefs (der sich als Schweizer entpuppt).

So ein Foto vom Uluṟu hat nicht jeder... (der weiße Streifen markiert den Wanderweg, der bis vor wenigen Jahren auf den Uluṟu hinauf führte, jetzt aber aus Respekt vor den traditionellen Hütern des Landes gesperrt ist)

Um fünf lange Stunden zusammenzufassen: Die nette Krankenschwester Dany, die Feiertagsdienst hat, berät sich per Telefon und Fotos von meinem Intimbereich mit dem Arzt, der sich im 450 Kilometer entfernten Alice Springs befindet. Ich kann auch nach drei Stunden im Yulara Medical Centre und trotz Schmerzmitteln nicht aufstehen oder aufsitzen. Dany's Kinder bringen Spiele und Malsachen für Jakob vorbei. Meine “Engel von Yulara” versüßen mir meinen Geburtstags mit einem Donut plus Ständchen. Und um 3 Uhr nachmittags landet dann schließlich mein Transport nach Alice Springs - ein Propellerflugzeug der legendären Royal Flying Doctors.

Und so komme ich an meinem 39. Geburtstag zu einem privaten Scenic Flight am Uluṟu, inklusive Übernachtung im Krankenhaus von Alice Springs - wer hätte gedacht, dass ich dieses nette Städtchen so schnell wiedersehe. Der diensthabende Arzt empfiehlt ein “conservative treatment” meiner Verletzung, sprich: Füße hoch- und Eis auflegen, Medikamente und Ruhe.

Ein ganz besonderes Geburtstags-Ständchen
Nicht umsonst werden die Flying Doctors "Angels of the Sky" genannt
First Class Service
Wandbemalung im Krankenhaus von Alice Springs

Vollgepumpt mit Schmerzmitteln sitze ich zwei Tage später im Bus, der dreimal die Woche von Alice Springs nach Yulara fährt. Nach viereinhalbstündiger Fahrt treffe ich Jakob, Stefan und einen reparierten Happy am Flughafen. Die Umarmung dauert lange und so bleibt uns zum Packen nicht viel Zeit. Eine Stunde später sitzen Jakob und ich im Flieger nach Sydney. Stefan fährt Happy alleine nach Hause - vier Tage und 3.000 Kilometer später steht er mit einem wunderschönen Muttertags-Strauß vor der Haustür.

Und so kommt unsere Reise zu einem Ende... Auf nach Sydney!
Stefan nimmt den langen und beschwerlicheren Weg über Coober Pedy
Die Stadt liegt mitten in der Wüste und ist größtenteils unterkellert - nur so lassen sich die hohen Temperaturen im Sommer aushalten
Berühmt ist Coober Pedy wegen seiner Opal Minen
Die Opalader leuchtet unter UV Licht blau
Besuch in den Stollen

Und das ist das spektakuläre Ende einer Reise, die vieles war: Entspannend und anstrengend, aufregend und ganz gemütlich, wunderschön und nervenaufreibend. Vor allem aber - ein Abenteuer, an das wir uns unser Leben lang erinnern werden. Monate, die gefüllt waren mit Entdecken, Forschen, Lernen. Wenn man mehr erlebt, vergeht die Zeit langsamer. Was für ein Geschenk.

P.S. Hier am Blog geht es noch ein bisschen weiter und zwar ganz bald mit einem Einblick in die tollste Erfindung des Outbacks - den legendären Roadhouses!

Erkundung der Gegend ohne Mama - macht auch Spaß!
Uluṟu (Ayers Rock) - ein wirklich magischer Platz
Die nahe gelegenen Kata Tjutas (Olgas), ein heiliger Platz für die Frauen der lokalen Aboriginal Mobs
Zurück zur Übersicht